Nachdem alles vorbereitet war, ging es los, was zuerst Werbung bedeutete.
Werbung. Bei den klassischen Kanälen wurden wir von der Öffentlichkeitsreferentin der Lippischen Landeskirche unterstützt. Sie las die Pressemitteilung gegen, verbesserte sie und verteile sie an ihre Verteiler. Das war uns nicht genug, denn unsere Zielgruppe liest selten die klassischen Medien. Also eröffneten wir ein Twitterkonto und folgten fleißig Menschen, die einen Snapchat-Account in ihrem Profil angegeben hatten. Ich verfasste schnell den ersten Blogeintrag und einen Gemeindebriefartikel in dem alle relevanten Informationen standen, damit wir etwas zum Verlinken hatten. Mehr durch Zufall stellte sich heraus, dass unser Benutzername auch gleichzeitig eine Domain war und so registrierten wir diese auch: www.snap.church. Hinzu kam noch eine Facebookseite und das Weiterverteilen der Pressemitteilung an die Influencer vieler Jugendlicher: YouTuber, Bravo,… Zusätzlich starteten wir den Versuch, Jugendlichen auf Snapchat zu folgen, deren IDs wir aus Twitterprofilen erfuhren. Da das alles per Handytastatur gehen musste, war diese Art sehr mühsam, wenn auch bei unserer winzigen Testgruppe etwa 40% zurückfolgten. Wegen des hohen Zeitaufwand blieb es bei diesem einzelnen Versuch. Wesentlich erfolgreicher war das adden von Freunden durch die Jugendlichen. Sie loggten sich in unseren Account und folgten von dort aus ihren Freunden und/oder erzählten ihnen davon. (Insofern wurde hier ein wenig Gemeinde gebaut, auch wenn sich unsere Snapchatgemeinde beträchtlich von klassischen Gemeindebildern unterscheidet.)
Bild, dpa, Focus online, Radio Lippe, Unsere Kirche und einige andere Medien namen unsere Pressemitteilung auf. Leider versäumte es die dpa unseren Benutzernamen in ihre Meldung zu schreiben, so dass uns viele potentielle Freunde durch die Lappen gingen. Radio Lippe schickte noch am selben Tag der Pressemitteilung eine Reporterin zum Interview zu uns.* Am Ende konnten wir uns nicht nur über mediale Aufmerksamkeit, sondern auch über etwa 130-160 Ansichten pro Snap freuen. Eine gute Menge, die meine Teens zufrieden stellte (man macht den Kalender nicht nur für sich selbst!) und die einen sehr moderaten Aufwand an Diskussionszeit mit unseren Zuschauern mit sich brachte.
Ständige Anpassungen. Schon vor dem eigentlichen Start wurde uns klar, dass die Jugendlichen sich auch Feedback ansehen können sollten (siehe letzter Blogpost), denn ein Jugendlicher stellte in einem Probesnap eine Frage, auf die promt Antworten kamen. Somit wurde die Regel wie folgt angepasst: Niemand muss Nachrichten von unseren Followern lesen, aber jeder darf. Wenn die/er Nachrichten liest, muss für Dokumentation (z.B. via Screenshot) gesorgt werden. Überfordernde Kommentare werden an den Vikar weitergeleitet, der sie jeden Tag ab 22 Uhr beantwortet.
Nach einem Drittel der Zeit stellte ich die Frage, was unseren Followern gefallen hat und was wir besser machen sollten. Die Antworten baten um mehr Videos und zusammenhängenderen Content, was meine Jugendlichen auch promt versuchten umzusetzen – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Unsere Prämisse blieb: Wir machen das, was uns Spaß macht. Wenn wir dabei unsere Follower zufrieden stellen können um so besser.
Dann kamen für mich noch einzelne Nachfragen meiner Jugendlichen nach Ideen für die Tage und andere Probleme hinzu, weil irgendetwas nicht klappte – mal fiel das Internet in einem der Dörfer aus, mal wollte es einfach nicht genug für einen Schneemann schneien.
Plötzlich geflasht. Am dritten Advent flatterte in unsere WhatsApp-Gruppe ein zunächst eher unscheinbares Bild. Beim zweiten Hinsehen entpuppte es sich als Screenshot eines Videos der bei Jugendlichen sehr beliebten Facebookseite Faktastisch. Der erste Gedanke war: Cool! Der zweite war: Whaaaaa, es kommen auf einmal hunderte von Followern! Am Ende des Abends waren wir kurz vor den 1000 Followern – ein Ziel, das ich nicht zu träumen gewagt hatte. Jubel in der Gruppe – und für mich ein Abend der bis spät in die Nacht dauerte (ihr erinnert euch an die Regel „ab 22 Uhr gehört der Account mir und ich beantworten alle Fragen“?). Um so spannender wurden die Gespräche, die sich entspannen. Wie viele seid ihr? Warum macht ihr das? Kennt ihr Faktastisch, die haben nämlich…? Dazu kamen einige sehr persönliche Dinge, die ich hier nicht öffentlich machen möchte. Es sei allerdings gesagt: Von heftig bis süß, von tief gläubig über fragend-agnostisch bis muslimisch war alles dabei. Der große Strom ebbte in den darauffolgenden Tagen langsam ab, aber wir können mit Sicherheit sagen, dass wir mit der Gesamtaktion über 1000 Menschen erreicht haben. Für ein Projekt von zwei Dorfgemeinden finde ich das ein fantastisches Ergebnis!
Ständige Begleitung. Meine Jugendlichen sind zwischen 12 und 20 Jahren alt. Das bedeutet, dass ich sie nicht einfach mit der Aufgabe ein großes Publikum zu bespielen allein lassen konnte. Deshalb ging für jeden Tag in etwa diese Nachricht an die Tagesverantwortlichen:
Hi XYZ, hier kommt die Frage, die ich für jeden Tag verschicke 😎. Alles klar für übermorgen? Hast du alles zusammen, oder brauchst du noch Hilfe?
Oft war die Antwort ein schlichtes „alles super“, manchmal fehlte eine Idee, manchmal fehlte Technik. Dank meiner gedanklichen Vorarbeiten und meiner Spontanität hatte ich immer ein paar Vorschläge zur Hand und zum Glück auch immer irgendwann Zeit. So konnte ich auch jeder/jedem Einzelnen von ganzem Herzen zurückschreiben: „Super! Ich freue mich schon!“ Insgesamt tat es dem Projekt glaube ich gut, dass ich meinen Jugendlichen einfach einen großen Vertrauensvorschuß gemacht habe. Ich hatte zwar bei keinem wirkliche Bedenken, aber zumindest bei einigen Nachfragen von Erwachsenen habe ich erschreckt aufgerissene Augen provoziert: „Was? Sie kontrollieren die Bilder nicht, bevor sie die Jugendlichen hochladen???“ – NEIN!
Wiederkehrendes Element. Kurz vor dem offiziellen Start kam mir die Idee, so etwas wie ein Running-Gag einzubauen, oder wenigstens etwas Wiederkehrendes. Da der Esel schon in einem Werbevideo vorkam, machte er das Rennen und tauchte gelegentlich in den Snaps auf. Ich bin gespannt, wie die Rückmeldungen dazu sind.
Im nächsten Blogartikel erwarten euch Details zur Auswertung, Erfahrungen und Verbesserungen fürs nächste Mal. Bis dahin (und auch danach) freue ich mich über eure Kommentare.
Alle Teile der Serie:
I – Die Idee • II – Vorbereitung • III – Durchführung • IV – Auswertung
*Das Ergebnis könnt ihr hier hören.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.