Immer wieder kriege ich zu hören, dass das was ich da im Internet mache ja nicht das echte Leben sei. Freundschaften seien nicht real, die ganze Kommunikation sei nur virtuell und damit nicht ernst zu nehmen. Heißt es nicht auch IRL – in real life?
Um es ein für alle mal zu sagen, virtuell ist nicht das Gegenteil von real! Virtuell ist das Gegenteil von physisch. Und ich gebe unumwunden zu, dass meine ich im Internet niemandem während des Chats auf die Schulter klopfen kann. Aber ist die Kommunikation an sich deshalb weniger real? Nein, sie ist anders. Ich kann per Internet viele Dinge nicht wahrnehmen, die ich in einem Gespräch mit jemandem auf Armabstand wahrnehmen würde. Ein hibbeliges Verhalten, ein glänzen in den Augen oder allgemein gesagt Körpersprache ist schwierig über das Internet zu transportieren – selbst wenn man eine Videoverbindung hat.
Die Kommunikation hat trotzdem ihren Wert. Denn manchmal reichen 140 Zeichen ab und zu, um einen Menschen schätzen zu lernen, auch wenn man ihn noch nie persönlich („physisch“) getroffen hat. Auch wenn man bei einem folgenden persönlichen Treffen manchmal merkt, dass man sich im physischen Leben nichts zu sagen hat, ist die Kommunikation und die Wertschätzung im Netz deshalb nicht irreal.
Durch die Neubewertung des Begriffs „Freund“ im Netz durch Facebook ist bei vielen nicht so netzaffinen Menschen der Eindruck entstanden, dass die 300 (oder 500 oder 1000) Freunde im Netz nicht real sein können.*
Und wenn die Freunde im Netz schon nicht real sind, wie soll es dann der Rest sein?
Real ist die Kommunikation im Netz auf jeden Fall, denn es gibt Sender, Empfänger und die Nachricht, ganz klassisch. Viel interessanter finde ich, dass die Kommunikation an sich aber auch nicht virtuell bleibt, sondern mit unseren Augen, Ohren und Emotionen auch physisch wird.
PS: Habt ihr eine passende Idee, wie man sein Leben im Netz vom anderen begrifflich sauber und ohne Vorurteile trennen kann? Online – Offline? Digital – Analog? FirstLive – SecondLive? Oder ist für euch eine solche Trennung überholt?
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*In diesem Zusammenhang fände ich es übrigens spannend mal „Freund“ als Begriff zu definieren, einmal althergebracht (vielleicht mit dem Blickwinkel unterschiedlicher Generationen) und einmal auf Facebook-Art.
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